Platform Revolution – das Handbuch zum Geschäftsmodell der Zukunft

Was steckt eigentlich hinter dem Erfolg der großen US-Plattformen wie Amazon, Google, Facebook, Uber und Airbnb oder auch der chinesischen Plattform Alibaba? Denn innerhalb kurzer Zeit haben alle eine starke Marktposition und enorm hohe Unternehmensbewertungen erreicht und die Wettbewerbsintensität für etablierte Anbieter signifikant erhöht haben.
Die Autoren von „Platform Revolution“, die Professoren Geoffrey G. Parker, Marshall W. Van Alstyne und Unternehmer und Advisor Sangeet Paul Choudary, beantworten diese Frage schlüssig mit dem Verweis auf die Überlegenheit der digitalen Plattform als innovatives Geschäftsmodell gegenüber der traditionellen Wertschöpfungskette des industriellen Zeitalters.

Platform Revolution: How Networked Markets Are Transforming the Economy–And How to Make Them Work for You by Geoffrey G. Parker (2016-03-28) Das bisher nur auf Englisch erschienene Businessbuch behandelt alle wichtigen Aspekte des Geschäftsmodells der digitalen Plattform. Dazu ist es gut verständlich geschrieben, mit der richtigen Mischung von Theorie und praktischen Beispielen, aber ohne die bei US-Autoren so häufig anzutreffende Lust an endlosen Wiederholungen. Aus meiner Sicht absolut lesenswert für jeden, der über Geschäftsmodellinnovation nachdenkt wie Manager, Unternehmensstrategen, Gründer und Investoren, aber auch für Wirtschaftsstudenten und last not least für Mitarbeiter von Regulierungsbehörden, für Wettbewerbspolitiker und Lobbyisten.

Kernaussage und Inhalt

Die Kernaussage der Autoren ist: die multi-sided Plattform ist DAS digitale Geschäftsmodell der Zukunft. Unternehmen sollten sich mit diesem innovativen Geschäftsmodell befassen, denn künftig wird „Plattformexpertise […] ein Kernelement von Unternehmensführung“ sein. Natürlich werden auch hier Netzwerkeffekte als wichtiger Wachstumsfaktor von Plattformen erklärt, aber die Autoren decken das Geschäftsmodell systematisch bzgl. weiterer Aspekte ab:

– Was macht eine Plattform im Vergleich zu traditionellen Wertschöpfungsketten aus?
– Was sind Kernelemente und -funktionen einer Plattform?
– Warum sind Plattformen und ihre Ökosysteme so erfolgreich im digitalen Zeitalter?
– Wie erkennt man, welche Märkte und Industrien reif für die Plattformrevolution sind?
– Wie kann man selbst eine Plattform erfolgreich designen und die richtige Launchstrategie für nachhaltiges Wachstum finden?
– Was sind Optionen für eine erfolgreiche Monetarisierung?
– Wie betreibt man eine Plattform eigentlich auf Dauer?

  • Wieviel Mitsprache von Stakeholdern wie Sponsoren, Management, Nutzer und    (Entwicklungs-)Partnern ist sinnvoll?
  • Welche Governance sichert Fairness gegenüber Partnern in Ökosystem?
  • Nach welchen KPIs sollte man über den Lebenszyklus einer Plattform steuern?

– Auf was sollte bzgl. künftiger Regulierung von digitalen Plattformen geachtet werden?

Ein Handbuch zur Geschäftsmodellinnovation für (fast) jeden

Ihrem Anspruch werden die Autoren gerecht, denn durch die Lektüre bekommt man Kriterien und Tools an die Hand für die Innovation des eigenen Geschäftsmodells und das Management einer Plattform vom Launch bis ins Reifestadium. Wirklich beeindruckend sind die zahllosen Beispiele aus der praktischen Arbeit mit Unternehmen wie SAP, die zur Untermauerung einzelner Punkte herangezogen werden. Insbesondere die Hinweise auf Fehler und Lernkurven der Firmen sind spannend.
Ebenso wird klar, welche Fragen man einem Plattformbetreiber stellen sollte, wenn man sich einem Ökosystem anschließen oder dort investieren möchte. Nicht zu unterschätzen sind auch die Ausführungen, warum und welche Art von Regulierung im digitalem Umfeld in Zukunft notwendig sein wird, und in welche Richtung daher eigene Lobbyinganstrengungen gehen könnten.

Gleichzeitig wird auf den üblichen Alarmismus (US-Firmen werden die Welt regieren und alle anderen haben den Zug verpasst) verzichtet, auch wenn deutlich wird, dass tatsächlich Nordamerika bisher die meisten Plattformen hervorgebracht hat. Durch die Erklärung wie man zunächst Marktpotentiale für  Plattformgeschäfte erkennt, eine Plattform dann konstruiert und schrittweise optimiert und selbst als etablierte Plattform immer wieder vor sehr großen Herausforderungen steht, werden diese Erfolgsfälle jedoch ein Stück weit entzaubert.

Im letzten Kapitel führen die Autoren wichtige Ansatzpunkte für neue Plattformen in verschiedenen Branchen auf, z.B. Gesundheitswesen, Energie, Finanzsektor usw.. Der Bereich Industrie 4.0 wird relativ kurz abgehandelt, hier zeigt sich m.E., dass der Erfahrungskreis der Autoren eher im consumerlastigen US-Markt liegt.

Fazit

Die gemeinsame Studie von IMD und Cisco “Digital Vortex” legt nahe, dass bis zu 44% der befragten Unternehmenslenker noch keine strategische Antwort auf die Veränderungen durch die Digitalisierung haben (Download hier). “Platform Revolution” verdeutlicht, warum dies zu kurzfristig gedacht bzw. geradezu fahrlässig ist!

In loser Folge werde ich mich hier mit Plattformen weiter beschäftigen.